Allgemeine Definition
Schweinekassen waren lokale Versicherungsgesellschaften im Süden des heutigen Bundeslandes Niedersachsen. Sie wurden ab 1874 gegründet. Um den Fleisch-, Wurst- und Fettbedarf zu decken, mästete fast jede Familie ein bis zwei Schweine. Bei Verendung, Notschlachtung oder seuchengesetzlicher Zwangstötung eines Tieres, wurde der materielle Schaden aus der Schweinekasse erstattet. Diese Art der Vorsorge war traditionell in vielen Dörfern vertreten und existiert in einigen noch heute, obwohl seine Grundlagen längst entfallen sind.
Die Schweinekasse Uehrde von 1889 – bis März 2023
Die Geschichte von damals bis heute
Am 3. Juni 1889 versammelten sich in der Gastwirtschaft Gustav Oehlmann mehrere Uehrder Einwohner, um über eine Vereinigung zur Versicherung von Schweinen und Ferkel zu beraten, die dem Wunsch der Bürger zu Uehrde entsprach. Durch Zuruf wurde der Gründungsvorstand mit der Ausarbeitung der Statuten beauftragt. Der Vorstand setzte sich zusammen aus dem 1. Vorsitzenden Fritz Passir, dem Rechnungsführer Christian Angerstein sowie den Herren Christian Röver, Heinrich Schäfer und Heinrich Grabenhorst.
Am 12. Juni 1889 wurde nun die Gründungsversammlung in die Gastwirtschaft Oehlmann eingeladen. Es erschienen 38 Uehrder, um dem Verein beizutreten. Somit wurde der Verein in Uehrde ins Leben gerufen. Der neugewählte und somit geschäftsführende Vorstand setzte sich zusammen aus dem 1. Vorsitzenden Heinrich Grabenhorst, dem Rechnungsführer Albert Gebensleben sowie den Herren Hermann Ruhe, Heinrich Ehlers und Fritz Wesemann als Taxatoren. Somit war für jeden Einwohner in Uehrde die Voraussetzung geschaffen, sich vor dem Verlust seiner Ferkel und Schlachteschweine mit dem Eintritt in den Verein zu schützen.
So fand der Verein einen immer regen Zulauf der Einwohner aus Uehrde, womit zu Beginn des Jahres 1914 eine Mitgliederzahl von 58 erreicht wurde. Durch die Kriegsjahre 1914 bis 1918 wurde die Tätigkeit des Vereins nicht unterbrochen, aber die Inflationszeit überstand er nicht. Der Verein wurde aufgelöst und ruhte bis zum Jahre 1929.
Nun war es wieder so weit: Durch eine Unterschriftensammlung am 21. November 1929 bekundeten 59 Uehrder Einwohner ihr Interesse daran, die Schweinekassen- Versicherung wieder ins Leben zu rufen. Bei der anschließend einberufenen Versammlung beschlossen 33 erschienene Mitglieder die Neugründung der Kasse. Zum 1. Vorsitzenden wurde Albert Gebensleben, zum Rechnungsführer Andreas Fließ, zum Schriftführer Fritz Rademacher und zu Taxatoren die Herren Wilhelm Gebensleben, Gustav Rademacher und Fritz Küthemann gewählt.
Die Schweinekasse war früher einmal die Sparkasse der kleinen Leute. Sie hatten da ihre Ziegen, später ihre Schweine, die sie in erster Linie vom Deputat ihres Arbeitgebers fütterten. Wenn ein Schwein krank war oder starb, bekamen die Versicherten 80 % des Verlustes aus der Schweinekasse erstattet. Gab es in den Anfangsjahren nur Ziegen im Dorf, kam später die Schweinehaltung dazu.
Als Trichinen-Beschauer fungierte bis 1913 Tischlermeister Cramer, der von Hermann Ruhe abgelöst wurde und der wiederum das Amt 1940 an Karl Reupke übergab. Auch seien hier die Tierärzte Dr. Dünwald Senior und junior sowie Dr. Raupach erwähnt, die sich um die erkrankten Tiere kümmerten. Sie hatten gleichzeitig das Amt des Fleischbeschauers übernommen. Die Beiträge wurden von den Herren Heinrich Röver, Hermann Wiedenbein, Albert Grabenhorst, Albert Battermann und Horst Radtke eingesammelt. Als Hausschlachter arbeiteten die Herren Wilhelm Gebensleben, Heinz Wunderling und Henning Kestner.
Mehrere Vorstandsmitglieder wechselten bis heute. So fungierten u.a. die Herren Otto Bertram, Adolf Angerstein, Henning Kestner, Berthold Becker, Eduard Schwandt und Heinz Becker als 1. Vorsitzende (insgesamt 29 Jahre), die Herren Fritz Küthemann, Adolf Angerstein, Eberhard Kruggel, Berthold Becker, Horst Radtke, Martin Berger und Rainer Witt als Rechnungsführer und die Herren Walter Stuß, Alfred Schliephake, Eduard Schwandt, Gerhard Werner, Horst-Peter Döbler und Hartmut Wiedenbein als 2. Vorsitzender und Schriftführer.
Nach den Rücktritten des letzten 1. Vorsitzenden Holger Hildebrand und des 2. Vorsitzenden Sven Feustel im Februar 2023, waren sich die verbliebenen Vorstandmitglieder schnell einig, die Schweinekasse neu aufzustellen und den nächsten Schritt zu einem eingetragenen Verein zu machen. Am 20.03.2023 wurde bei der offiziellen Gründungsversammlung des e.V.´s ein neuer Vorstand gewählt.
Dieser besteht für die nächsten fünf Jahre aus den Herren Harald Natzke (1. Vorsitzender), Marco Schrader (2. Vorsitzender),
Mathias Berg (Kassenwart) und Dorian De Pascalis (Schriftführer).
Der Vereinszweck
Die Schweinekasse verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke durch die Förderung der Jugendhilfe, insbesondere durch die Unterstützung des Kindergarten Uehrder Kobolde und durch die Pflege und Erhalt des Uehrder Jugendraumes. Auch die Förderung des traditionellen Brauchtums einschließlich des Karnevals, welches mit der Durchführung des Uehrder Kinderfasching und Beteiligung am Straßenkarneval und Dorffasching verwirklicht wird.
Der Schweineball und Kinderfasching
Die Schweinekasse veranstaltet seit mehr als 40 Jahren immer am Samstag vor Rosenmontag den sogenannten Schweineball und vorher am Nachmittag das traditionelle Kinderfasching. Das Kinderfasching wird für ca. 40 bis 50 Kinder aus der Gemeinde Uehrde und Umland gestaltet. Hierzu gehören Spiele, Gesang und Vorführungen der Kinder, die von freiwilligen Helfern begleitet werden. Dank der Unterstützung von Sponsoren und Freunde können den Kindern zahlreiche Getränke, Würstchen und Geschenke bereitgestellt werden. Für die begleitenden Eltern, Omas und Opas wird Kaffee und selbstgebackener Kuchen angeboten, die die Ehefrauen der Vereinsmitglieder und viele ältere Dorfbewohnerinnen gespendet haben.
Der Schweineball mit Kostümierung (wer möchte) findet am Abend statt und ist für die Mitglieder, sowie auch für Gäste der Schweinekasse. Traditionell gab es seit vielen Jahren Spanferkel zum Essen.
Hier nochmal vielen Dank an alle Helfer und Unterstützer.